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Justizopfer Hans Burkert Mammersreuth Oktober 1947

Justizopfer Hans Burkert Mammersreuth Oktober 1947 - NICHT SCHULDIG - Hans Burkert wird 1953 frei gesprochen und aus der Haft entlassen.

Justizopfer Hans Burkert Mammersreuth Oktober 1947 – NICHT SCHULDIG

Der 12. September 1946 sollte das Leben des Zollbeamten Hans Burkert aus Mammersreuth (Kreis Tirschenreuth) grundlegend verändern: Sein Kollege liegt erschossen im Zollbüro – und Burkert wurde Opfer eines Justizirrtums. Haltlose Zeugenaussagen, Schmuggler und verschwundene Beweise sorgten für einen der spektakulärsten Prozesse der Nachkriegszeit in Weiden.

Kampflärm weckt das Ehepaar Köstler in Mammersreuth am 12. September 1946 gegen 3.30 Uhr. Aus dem Zolldienstzimmer unter der Wohnung dringen lang gezogene »Au!«-Rufe, die in Stöhnen und Röcheln übergehen. Ein Schleifgeräusch, das Repetieren eines Gewehres, ein Schuss. Dann ist Stille. Das Ehepaar postiert sich an unterschiedlichen Fenstern und wartet. Um 4.00 Uhr springt ein Mann aus dem Fenster im Erdgeschoss und geht in Richtung tschechische Grenze. Der dreiundsechzigjährige Johann Köstler ist sich sicher, den Zollbeamten Hans Burkert erkannt zu haben. Seine Frau stimmt ihm zu. Seltsamerweise legen die Köstlers sich dann wieder schlafen.

Am nächsten Morgen entdeckte Hans Burkert bei seinem Dienstantritt die Leiche des Zöllners Gustav Bolz. Er war mit einem Karabinerschuss in die Brust, Kolbenschlägen auf den Kopf und einem Pistolenschuss in die Schläfe ermordet worden. Als die Polizei erschien, bezichtigte Brillenträger Köstler Hans Burkert des Mordes. »Ich habe Burkert sofort erkannt. Er hatte das Mondlicht im Gesicht.« Der Postenführer Burkert wurde verhaftet.

»Ich bin unschuldig!«, beteuerte Burkert. Er hatte ein Alibi. Seine schwangere Frau beteuerte, dass er in der Nacht neben ihr im Ehebett gelegen hatte. Die Polizei konnte auch kein Motiv ermitteln, warum Burkert seinen Kollegen ermordet haben sollte.

In der Hauptverhandlung wiederholten die Köstlers ihre Aussage. Sie hätten Burkert im hellen Mondlicht auf eine Entfernung von vier Metern von schräg hinten erkannt. Der Verteidiger beantragte eine augenärztliche Untersuchung des kurzsichtigen Köstler und einen nächtlichen Ortstermin. Damit sollte bewiesen werden, dass das Ehepaar Köstler den Täter gar nicht erkannt haben konnte. Das Schwurgericht lehnte beide Anträge ab. Der Staatsanwalt beantragte die damals noch mögliche Todesstrafe für Burkert. Das Landgericht Weiden verurteilte Burkert am 3. Oktober 1947 wegen Totschlags zu zwölf Jahren Zuchthaus. Das Gericht hielt es für ausgeschlossen, dass sich die Zeugen in der Person des Angeklagten geirrt hatten. Den Zeugen sei es aufgrund des hellen Mondscheins möglich gewesen, den Angeklagten mit voller Sicherheit zu erkennen. Die Antwort auf zwei Fragen blieb das Gericht schuldig: Welches Motiv soll Burkert gehabt haben und warum beging er den Mord im Zollhaus und nicht beim Streifengang im Wald?

Das Urteil wurde rechtskräftig, nachdem eine Revision von Burkert verworfen wurde.

Erst fünf Jahre später erreichte Burkert eine Wiederaufnahme des Verfahrens. Der Hauptbelastungszeuge Köstler wiederholte seine Aussage und betonte noch, er könne beschwören, Hans Burkert im hellen Mondschein erkannt zu haben. Diese Aussage wurde jedoch durch vier Gutachten widerlegt. Der Direktor der Universitätssternwarte München sagte aus, bei der Mondkonstellation der Tatnacht könne nur die Schattenseite des flüchtenden Mannes zu sehen gewesen sein. Und das auch nur bei wolkenlosem Himmel. Ein meteorologisches Gutachten stellte fest, dass die Sichtverhältnisse in dieser Nacht schlecht gewesen waren, weil der Himmel mindestens zur Hälfte mit Wolken bedeckt und der Mond längst untergegangen war. Ein augenärztliches Gutachten der Universität München attestierte Johann Köstler eine stark eingeschränkte Sehfähigkeit. Und schließlich bezeichnete ein Psychologie-Professor den »eigenwilligen und wichtigtuerischen« Köstler als »gefährlichen Zeugen, vor dem man jeden Richter eindringlich warnen muss.« Als Köstler merkte, dass man ihm nicht mehr glaubte, rief er in den Saal: »Bringen Sie mir einen anderen Mörder!«

Hans Burkert wurde am 13. November 1952 freigesprochen. Er hatte sechs Jahre unschuldig im Gefängnis gesessen.

Zu dem Fehlurteil ist es gekommen, weil das Schwurgericht die Aussage von Johann Köstler ungeprüft hingenommen hat. Es hätte die Wahrnehmungsmöglichkeit, das heißt, ob der Zeuge in dieser Situation überhaupt beobachtet haben kann, was er angibt, untersuchen müssen. Der Verteidiger hatte dazu zwei sachdienliche Beweisanträge gestellt, die einfach abgelehnt wurden.

By Alfred Becker

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